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14.Mai 2023      6.Sonntag der Osterzeit

Einen Beistand für immer

Joh 14,15-21

Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. Und ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird. Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, ich komme zu euch. Nur noch kurze Zeit und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich, weil ich lebe und auch ihr leben werdet. An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch. Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.

Dieser Abschnitt stammt wieder wie am letzten Sonntag aus den sogenannten Abschiedsreden Jesu. Vermutlich hat sie der Verfasser des Johannes-Evangeliums als literarisches Stilmittel eingesetzt und auch selber so ausformuliert. Somit dürfen wir  sie aus dem Blickwinkel der 90er Jahre lesen und verstehen. Der Autor hat Gemeinde-Verantwortliche und Mitglieder vor sich, die er ansprechen will. Er will sie auf das Wesentliche hinweisen. Dabei lässt er Jesus zu seinen engsten Vertrauten sprechen, angesprochen sollen sich aber diejenigen fühlen, die in den 90er Jahren für Jesus arbeiten und ihn vermeintlich auch hoch schätzen. So wie  Johannes es formuliert, lässt sich ein Unterton heraus hören: Er scheint gerade solche ermahnen zu wollen, die vorgeben, es würde ihnen viel an Jesus liegen, aber sie leben nicht so, dass man sagen könnte:  Sie lassen sich von den Grundanliegen Jesu bestimmen.

Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.

„Wenn ich euch tatsächlich viel bedeute, dann werdet ihr meine Anordnungen beachten. Wenn ihr mich wertschätzt, dann haltet ihr euch durchgehend an meine Richtlinien. Erst das gilt als Beweis eurer Liebe zu mir, wenn ihr euren Alltag bleibend prägen lasst von meinen Aufträgen. Worte der Verehrung allein anerkenne ich nicht, auch nicht bloßes Anständig-Sein. Die Anordnungen von mir bedeuten mehr. Wenn ihr die befolgt, bewerte ich es als eure tatsächliche Zuneigung zu mir.“

Wir können uns nun fragen: Welche Anordnungen meint Jesus oder der Evangelist? Was genau sollen wir tun? Wenn wir das Johannes-Evangelium daraufhin durchkämmen, werden wir nicht sehr fündig.   Hier die wenigen Beispiele:  „Jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zum Licht ... Wer aber die Wahrheit tut, kommt zum Licht.“(Joh 3,20f) „Wer bereit ist, den Willen Gottes zu tun, wird erkennen, ob diese Lehre von Gott stammt.“(Joh 7,17)

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Regentropfen an Zweigen. Die übliche Welt erachtet solche Natur-Eindrücke als belanglos. Manche aber beglückt es, so etwas zu sehen auf ihrem Spazierweg. Die WELT sieht und kennt den "Geist Gottes" nicht, aber IHR kennt ihn und werdet ihn sehen.

„Jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zum Licht ... Wer aber die Wahrheit tut, kommt zum Licht.“(Joh 3,20f) „Wer bereit ist, den Willen Gottes zu tun, wird erkennen, ob diese Lehre von Gott stammt.“(Joh 7,17) „Wer meine Worte nur hört und sie nicht befolgt, den richte nicht ich ... er hat schon seinen Richter.“ (Joh 12,47f) Das sind allesamt recht allgemein gehaltene Anordnungen und sie lassen einen ermahnenden Unterton durchklingen. Es bleiben nur zwei Aufträge, die genauer formuliert sind: „Ihr müsst einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“ (Joh 13,15)  „Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! So wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ (Joh 13,34) Hier beim letzten handelt es sich um EIN Gebot, nicht um mehrere. Also wo sind die Gebote nachzulesen, die wir beachten und verwirklichen sollen? „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.“

 

Das Matthäus-Evangelium ist da ergiebiger: Matthäus 5-7 ist voll von Anweisungen Jesu. Der Autor des Johannes-Evangeliums meint offenbar: Jesus selber, er ist das Modell, an dem wir uns orientieren können. Laut Johannes kommt es nicht auf einzelne Gebote an, die dann und wann einzuhalten sind, sondern es geht um eine bleibende Haltung. Wer mit Jesus vertraut ist, der hat ihn verinnerlicht. Wer sich in seine  Art, auf andere zuzugehen, einübt, der hat ihn verherrlicht. Wer sich mit seiner Lehre auseinandersetzt, der hat ihn verherrlicht. So jemand erkennt mehr und mehr die Zielvorgaben, die in seinem Leben umzusetzen sind.  Wer Jesus tatsächlich schätzt als Lehrmeister, der braucht nicht eine Reihe von Geboten von außen, sondern er empfängt sie von innen. Es geht darum, auf die Anweisungen zu achten, die sich wie ein innerer Auftrag herausstellen. Es kommt darauf an,  ihnen zu folgen und an ihnen festzuhalten, an ihnen dran zu  bleiben.  Im nächsten Satz zählt Johannes auf, was Jesus seinerseits an uns bewirken wird – also im Gegenzug zu unserem Durchhalten:

Und ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll,

Das Ich ist betont im griechischen Urtext: EGO. Jesus sichert also zu: Ich meinerseits werde dafür sorgen, dass ihr einen Beistand bekommt in eurem Bemühen, wenn es ehrlich ist. Johannes kann es bestätigen. Wo Gemeinden das tun und befolgen, was die Richtlinien des Lehrers Jesus vor 60 Jahren sind, da gelingen ihre Vorhaben leichter. Das erlebt die Gemeinde als Gruppe und das erfahren einzelne Mitglieder. Die Unterstützung des „Helfers von oben“ ist mit Händen zu greifen. Jesus hat versprochen: „Was ich meinerseits tun kann, ist, dass ich beim Vater Fürsprache einlegen werde und er wird euch einen anderen Helfer, einen anderen Fürsprecher geben. Er wird nicht bloß anfangs eine Starthilfe sein für euch, sondern er wird auf Dauer für ewige Zeiten mit euch sein – nicht nur bei euch – sondern mit euch. So steht es im Original-Text. Er soll euer Tun mitprägen, mitbestimmen.“

 

Er gibt den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird.

Dieser Helfer ist eine gehauchte, eine spirituelle Kraft, eine Geistkraft. Sie ist keine Lüge, kein Schwindel, kein Selbstbetrug. Nein, sie ist der Atem der Wahrheit. Die übliche Gesellschaft kann diese spirituelle Hilfe nicht annehmen, nicht aufnehmen, weil sie keinen Blick dafür hat, keine Kenntnis davon nimmt. Wer aber bereits Kenntnis davon gewonnen hat, das seid ihr. Der Grund, warum er euch bekannt ist, das ist die Dauerhaftigkeit. Sie ist nicht kurzlebig bei euch, keine schnelle Begeisterung, die bald wieder verblasst. Nein, bei euch ist sie etwas Bleibendes geworden. Ihr habt diesen Hauch verinnerlicht. Er ist Mitte und Rückgrat bei euch.

Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, ich komme zu euch.

Das ist ein sehr  tröstliches Wort, gerade für solche, die viel tun, dass eine geschwisterliche Gemeinschaft aufgebaut wird, so wie es Jesus selbst damals gemacht hat. Der Evangelist ist überzeugt, dass das Jesus-Ereignis vor 60 Jahren nicht etwas Vergangenes ist. Er und seine Gemeinden fühlen sich oft  einsam auf weiter Flur, streckenweise allein gelassen. Gerade sie bekommen sie Zusage: Sie sind keine zurück gelassenen Kinder, die beide Elternteile verloren hätten. Sie machen laufend die Erfahrung, dass er kommt und ihnen das ist, was Vater und Mutter sind für heranwachsende junge Menschen.

Nur noch kurze Zeit und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich, weil ich lebe und weil auch ihr leben werdet.

Der engste Kreis um Jesus damals hat erleben müssen, dass er ihnen entschwunden ist, aber nur vorübergehend. Die übliche Welt hat sein Wirken als eine dreijährige Episode angesehen, die dann vorüber war. Nach diesem Erden-Dasein ist er aus ihrem Blickfeld entschwunden. Seine Nachfolge-Gemeinschaft hingegen sieht ihn weiterhin. Für sie ist er sogar noch deutlicher ins Blickfeld gerückt. Diese Kreise von Anhängern sind es, die ihn nach wie vor sehen. Der Grund dafür ist, dass er das pure Leben ist. Auch das Leben der Seinigen wird aus diesem übervollen Leben Jesu gespeist.

An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch.

Diese ganze Erklärung geht hinaus auf die eine bedeutende Erkenntnis: Der damalige Lehrer Jesus ist es, der im VATER ist. Daraus ergibt sich als Folge: Wir als Glaubensgruppe sind in ihm, und ER ist es, der in uns als Gemeinde wirksam ist. Abschließend sei noch einmal wiederholt:

Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.

Wer im Besitz der Anweisungen des Lehrers Jesus ist, wer sich die Anweisungen zu eigen gemacht hat, und wer sich an ihnen  festhält, jener ist es, der Jesus wirklich schätzt und liebt. Die Taten sind der Beweis der Liebe. Über so jemanden lässt sich sagen, dass er innig mit IHM verbunden ist. Der zeigt klar, dass ER ihm wirklich viel bedeutet. So ein Gemeindemitglied wird seinerseits den Liebesbeweis vom VATER bekommen, denn so hat es Jesus als Vermächtnis  hinterlassen. „Mein VATER wird ihm spüren lassen, dass er an ihm Gefallen gefunden hat. Auch ich werde ihm beweisen, dass ich ihn liebe und er wird mich in seinem Inneren zu sehen bekommen. Ich selbst werde mich ihm zeigen, werde mich selbst ihm offenbaren.“

 

Was Johannes hier schreibt, ist kein Wunschbild, sondern Erfahrung vieler Gemeindemitglieder. Er schreibt es für die Nachwelt als Ermutigung auf. Er ist überzeugt, dass es Gültigkeit hat nicht nur für die 90er Jahre, sondern auch für alle in den folgenden Jahrhunderten. Sie brauchen sich nur offenhalten dafür und sich als Gruppe und einzeln darauf  einlassen.

 

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