8.Sept. 2024 23.Sonntag im Jahreskreis
Hinhören und Klartext reden lernen
Markus 7, 31 - 37
Jesus verließ das Gebiet von Tyrus wieder und kam über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Dekapolis. Da brachten sie zu ihm einen, der taub war und stammelte, und baten ihn, er möge ihm die Hand auflegen. Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel; danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu ihm: Effata!, das heißt: Öffne dich! Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit und er konnte richtig reden. Jesus verbot ihnen, jemandem davon zu erzählen. Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr verkündeten sie es. Sie staunten über alle Maßen und sagten: Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.
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Wer sich mit der Überschrift „Heilung eines Taubstummen“ vorschnell begnügt, der muss prüfen, ob er nicht selber taub und stumm ist – im übertragenen Sinn gemeint. Er hat die Feinheiten im Evangelium nicht gehört. Und er kann nicht angemessen reden über jemanden, der von Hör- und Sprachstörung betroffen ist. Gehörlose bezeichnen sich selbst nie als taubstumm und sie möchten auch nicht als solche bezeichnet werden. Dies gilt es zu respektieren. Ihr Gehör ist zwar geschädigt, aber sie können vieles aufnehmen. Ihr Sprechvermögen ist eingeschränkt, aber sie können sich verständlich machen. Die schnelle Überschrift regt auch nicht an, nachvollziehbar zu machen, worum es in dieser Bibelstelle wirklich geht: Die Schilderung im Evangelium reicht weit hinaus über den damaligen einzelnen Betroffenen, und hinaus über den geschilderten Zeitrahmen, sie wirkt von damals bis in unsere heutige Zeit. Wir Heutigen leben im Zeitalter der Bild-Überflutung und der Verarmung an sorgfältiger Sprache. Die frühere Einheitsübersetzung von 1979 wählte die genannte Überschrift „Heilung eines Taubstummen“ und sie übersetzte dann: „Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren.“ Diesen Vers hat die revidierte Einheitsübersetzung von 2017 richtig gestellt, sodass er dem Urtext entspricht: „Da brachten sie zu ihm einen, der taub war und stammelte, und baten ihn, er möge ihm die Hand auflegen." Die unzutreffende Überschrift haben sie leider doch beibehalten
Wenn wir das Markus-Evangelium mit den anderen Evangelien vergleichen, um nachzusehen, wie sie diese Heilungsgeschichte beschreiben, werden wir sie nirgends finden. Das ist verwunderlich, wo doch Lukas und Matthäus das Markus-Evangelium sonst als Vorlage nehmen, das ja mehr als zehn Jahre zuvor abgefasst wurde. In den beiden späteren Evangelien ist zwar ein Fall von Stummheit beschrieben, aber keiner von Taubheit. Siehe Mt 9,32-34 // Lk 11,14f. Darin hat das gestörte Sprechvermögen nicht organische Ursachen, sondern es rührt von einem dämonischen Ursprung her. Es scheint, als sei auch die Beziehung zu Gott gestört, weil der Stumme nicht in der Lage sei, Gott zu loben oder vor ihm zu klagen. Er sei zu keinem lauten Gebet fähig. Durch den Messias würde die Heilszeit anbrechen, in der auch diese Störungen behoben würden. Deshalb stellt Lukas hier einen Zusammenhang her zwischen dem Wegbereiter Johannes und dem tatsächlichen Heilsbringer Jesus. Lukas schreibt „Jesus antwortete den beiden (die vom Täufer geschickt worden waren): Geht und berichtet Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde sehen wieder, Lahme gehen, und Aussätzige werden rein; Taube hören, Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet.“ (Lk 7,22) Dass Taube wieder hören, ist eines der Kennzeichen der messianischen Zeit.
Die Gehörgänge führen in das Innere des Schädels. Wer in die Ammud-Höhle in Galiläa eintritt, ist beeindruckt von ihrer gewaltigen Größe. In den 1960er Jahren entdeckten hier japanische Archäologen einen Neandertaler-Schädel.
Warum also fehlt bei Lukas und Matthäus diese eine Heilung? Es könnte sein, dass ihnen eine Frühfassung des Markus vorlag, in der die beiden Begebenheit noch nicht enthalten war. Daraus würde hervorgehen, dass Markus eine zweite überarbeitete Buchauflage herausbrachte, in der manches nachgeholt und eben diese zwei Schilderungen eingefügt wurden. Er dürfte also hinterher einiges noch ergänzt haben, das ihm recht wichtig erschien. Dieser Hinweis möge für uns nur ein kleiner Abstecher in die exegetische Wissenschaft sein. Nehmen wir uns nun den Text sorgfältig vor und achten wir auf die bewusste Wortwahl des Evangelisten.
Fangen wir bei unserer Betrachtung mit den beiden Schlusssätzen an: Satz 1: „Er hat alles gut gemacht.“ Das ist eine deutliche Anspielung auf den Schöpfungsepos, bekannt als das Sieben-Tage-Werk im ersten Buch der Bibel: Nach jedem Schöpfungstag, heißt es: „Gott sah, dass es gut war.“ Nach dem 6.Tag heißt es sogar gesteigert: „Gott sah alles an. Und siehe es war sehr gut.“ Nachzulesen in Genesis 1! Im Schlusssatz 2 greift Markus einen Heilsruf aus dem Prophetenbuch Jesaja auf: „Dann werden die Augen aufgehen und die Ohren der Tauben werden geöffnet. Dann springt der Lahme wie ein Hirsch und die Zunge des Stummen frohlockt.“ (Jes 35,5f). Auffällig ist, dass es nicht heißt: „Taube hören“, sondern „die Ohren ... werden geöffnet“. Es heißt auch nicht der Stumme spricht, sondern „die Zunge ... frohlockt“. Das klingt nach Lobpreis Gottes.
Bei Markus sind solche Rückverweise auf die jüdische Bibel außergewöhnlich, bei Matthäus hingegen häufig. Wer immer diese zwei Schlusssätze eingefügt hat, er scheint damit auszudrücken: Wenn ein prophetischer Mensch im Stande ist, die Hörfähigkeit des Menschen wiederherzustellen, wirkt er wie der Schöpfer selbst. Er stellt das Paradies wieder her. Menschen zum Hinhören zu befähigen, ist „sehr gut“. Wer Sprachbarrieren zwischen Einzelnen oder sogar zwischen Gruppen abbaut, tut etwas Göttliches. Wer die Trennwände durchdringt, die unsere Beziehungen verhindern und Menschen krank machen, der bringt vieles wieder in Ordnung. Beschrieben wird hier zwar ein einzelner Heilungserfolg Jesu, aber wir dürfen ihn gesellschaftsweit deuten. Der Schlusssatz legt das nahe: „Er hat alles gut gemacht“
Um das Jahr 70, als Markus mit der Endredaktion seines Evangeliums beschäftigt war, konnte er sich auf seine Gemeinde-Erfahrung berufen: Viele Mitglieder haben, seit sie dabei waren bei der frühen Kirche, gelernt zu hören und klar zu sprechen: Die Gemeinde ließ es zu, dass jemand vertrauliche Dinge aussprach und sich über sein Leben äußerte. Die Person durfte aus der Gemeinde Antworten darauf hören, die ehrlich waren und tatsächlich Lebenswahrheiten enthielten. Das war erstaunlich, denn gerade in der reichen römischen Welt war das unüblich. Nur die Großen hatten das Wort und die Kleinen blieben stumm. Die Gemeinde verwirklichte die Vision einer Welt, in der dieser Missstand „gut gemacht wurde“. Diese Vision ist in der heutigen, modernen Welt mehr gefragt denn je. Unsere Zeit ist bildlastig. Auch das vertrauliche Gespräch kommt zu kurz. Wir werden von Kurz-Zeilern überflutet, schlampige Wortfetzen huschen von Handy zu Handy – womöglich noch begleitet von Smileys. Man kann in den digitalen Sozial-Medien schon als „Freund“ aufgenommen werden, ohne jemals ausführlich miteinander gesprochen zu haben. Wer in solch einer flüchtigen, empfindungs-trockenen Welt dennoch das Gespräch fördert, tut etwas Visionäres, besonders wenn er es von klein auf in der Familie bewusst tut. Wer unter jungen Menschen eine achtsame Zuhör-Kultur fördert, bricht die Gehörgänge nach innen auf. Wer selber ein klares, deutliches Wort spricht und damit sein Gegenüber dazu genauso ermutigt, hat vieles „gut gemacht“. Er verwandelt die Welt des Stammelns und Lallens in das Paradies des Klartextes. Das hat schon der Verfasser des Jesaja-Textes Jes 35 um etwa 700 v.Chr. ersehnt. Jesus hat diese Vision wahr gemacht. Er hat sie in die Tat umgesetzt und sich damit als der wirkliche Messias erwiesen. Von seiner Nachfolge-Gemeinschaft erwartet Jesus, dass sie die Vision fortsetzt. Die Kirchen sind ihm das schuldig: Sie werden Gesprächsrunden in Gang setzen, in denen das Hinhören-Können, der erste Schritt ist.
Gehörgänge im übertragenen Sinn zu öffnen, das hat Jesus unermüdlich getan: Er hat Sprachbarrieren abgebaut, Getrennte wieder versöhnt. Einmal oder einige Male hat er eben auch einen organischen Gehörschaden behoben. In Folge dessen konnte die Person wieder sauber sprechen.
Der Hergang ist uns sorgfältig geschildert. Lasst uns Jesus über die Schulter schauen, was er da genau getan hat:
1. Er nahm den Betroffenen zuallererst beiseite vom Wirbel der Leute, um sich ihm ausdrücklich zuwenden und sich ganz auf ihn einstellen zu können. Die Person wird beschrieben als „taub“, nicht aber als „stumm“, sondern als „stammelnd“. Sie hatte also einen Gehörschaden. Wir wissen nicht, ob er angeboren war oder erst vor einiger Zeit ausgebrochen. Anzunehmen ist, dass die undeutliche Aussprache vom kranken Gehör herrührte. Das Ohr überwacht ja die Aussprache. Wenn es heißt, „sie brachten“ den Betroffenen, dann dürften es eher Bekannte gewesen sein, als der Vater oder Brüder. Sie baten ausdrücklich, Jesus möge ihm die Hand auflegen. Offenbar hatten sie mehrfach von der heilenden, ja wundertätigen Kraft gehört, die aus seiner Hand kam. Wir wissen nicht, ob der Gehörlose vorher informiert wurde, zu wem sie gehen würden. Sicher konnte er selber nicht die Bitte aussprechen. Das Ereignis trug sich in der Dekapolis zu, wo der griechisch-römische Kulturkreis in der Übermacht war und Juden in der Minderheit. Für Jesus machte es keinen Unterschied, ob sich Mitbürger seines Volkes, also Juden, an ihn wandten oder ob es Ausländer, also Römer, waren.
2. Jesus war den Menschenandrang losgeworden – vielleicht war er in eine enge Seitengasse der Stadt eingebogen und hatte sie sogar absperren lassen. Als Zuseher waren höchstens eine Handvoll Leute zugelassen: die Bittsteller und ein paar aus seinem Schülerkreis. Wir müssen uns vorstellen, dass Jesus sich Zeit ließ. Der Text ist zwar schnell gelesen, aber vielleicht dauerte die Behandlung eine ganze Weile. Wie ging er vor? Zunächst presste Jesus dem Kranken die Fingerspitzen in die Ohren. Das griechische Wort BALLO heißt „werfen“ (nicht wie die Einheitsübersetzung schwach schreibt: „er legte ihm die Finger in die Ohren“). Es war eine intensive und anhaltende Behandlung. Jesus arbeitete körperlich und energetisch. Er sah vielleicht, während seine Finger in den Ohren wirkten, dem Schützling in die Augen. Anschließend blickte er wohl noch die Anwesenden an, einem nach dem anderen reihum, um zu prüfen, dass sie an die Hilfe Gottes glaubten. Jesus setzte immer voraus, dass jemand daran glaubte, entweder der Betroffene oder jemand Nahestehender.
3. Dann hielt sich Jesus seine Finger vor den Mund und spuckte darauf. Speichel einer starken Persönlichkeit galt damals als ein gebräuchliches Heilmittel, weil es eng mit dem Atem des Heilers in Verbindung stand. Das wandte Jesus an. Mit seiner speichelfeuchten Hand umfasste er die Zunge des Hörgeschädigten. Die Einheitsübersetzung schreibt abgeschwächt: „Er berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel". Tatsächlich aber griff Jesus nach der Zunge Er „berührte“ nicht die Zunge, sondern „fasste sie an“ – laut Originaltext. Gleichzeitig brachte er mit Speichel etwas Heilsames von sich in den „unheilen“ Mund des anderen.
4. Das alles geschah wortlos, eben genau so wie es dem Gehörlosen entsprach. Jesus begab sich also ganz auf die Ebene des Betroffenen. "Danach blickte Jesus zum Himmel auf. Er seufzte" Man kann das Seufzen auch mit "Stöhnen" übersetzen. Auf manche Leser wirkt das Seufzen rätselhaft. Warum seufzt oder stöhnt Jesus? Etwa, weil er die Taubheit und Stummheit als ein verbreitetes Übel in der reichen Welt erachtet? Seufzt er, weil die Vision von Jesaja 35 noch immer nicht wahr geworden ist? Seufzt er, weil er die Hilfe des VATERS erfleht? Wenn wir in den Briefen des Paulus nachschlagen, sehen wir, dass das Seufzen in einem Abschnitt zu finden ist, der sich mit Sehnsucht und Hoffnung überschreiben lässt: „Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt. Aber nicht nur das, sondern auch wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, auch wir seufzen in unserem Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes als Söhne offenbar werden. Denn auf Hoffnung hin sind wir gerettet. (Röm 8,22-24)
5. Er sprach den Betroffenen mit dem Wort „Effata“ an. Markus überliefert uns das Wort in Original-Aramäisch (was in den Evangelien sehr selten vorkommt, denn sie schreiben ja auf Griechisch). „Effata“ erfordert einen deutlichen Mundausdruck: E und A und A – alles mit weit geöffnetem Mund. Jesus machte es wieder ganz für den Hörgeschädigten. Das griechische Wort heißt genau übersetzt „Sei ganz geöffnet!“ Zur heilenden Geste mit Fingern in die Ohren und Speichel als Heilmittel gehörte auch das ermutigende Wort. Das praktizierte Jesus immer so, dass er Wort und Geste aneinander koppelte. Diesmal setzte er sein Wort ganz zum Schluss ein. Dabei machte er es nicht wie die üblichen Fachärzte und Heiler damals. Er flüsterte nicht Fremdwörter, die keiner verstand. Er sprach deutlich. Wir brauchen das Wort Effata nur auszuprobieren und dabei den Mund übertrieben weit aufzureißen, dann wird uns klar: Der Hörgeschädigte muss es verstandenen haben.
6. Nach und nach geschah das Wunderbare. Markus schreibt zwar: „Sogleich öffneten sich …“ Aber „sogleich“ ist ein Lieblingswort der Markus. Die Gehörgänge weiteten sich. Die Einheitsübersetzung schreibt zwar: „Es öffneten sich seine Ohren“, aber der Originaltext verwendet hier nicht das Wort „Ohren“ wie oben, sondern „Gehör“. Vielleicht sind damit die Gehörgänge gemeint, das Innenohr. Die Gänge ließen die Aufforderung Jesu tief eindringen: Jesus vermittelte dem Menschen die Botschaft: „Versuche es! Du kannst dich ab sofort verständlich ausdrücken.“ Und tatsächlich: Das Gestammle ließ nach. Die vorher lallenden Ausdrücke wurden klarer – bis die saubere Verständigung da war. Wir sollten uns den ganzen Heilvorgang langsam vorstellen, nicht als wäre es eine Sache von wenigen Minuten gewesen – nicht als ein rasches Wunder. Deshalb wurde die Auslegung hier auch auf sechs Schritte aufgegliedert. Jesus hat sich so viel Zeit gelassen wie es der Hörgeschädigte eben brauchte. Kann sein, dass die Schaulustigen, denen kein Zutritt erlaubt wurde, draußen längst die Geduld verloren und sich verlaufen hatten.
Zum Schluss gab Jesus den wenigen dabei stehenden Zeugen den dringenden Auftrag: Sie dürften das Ereignis nicht herum posaunen. Vielleicht trug er ihnen sogar auf, das andere Ende der Straße zum Weggehen zu benützen. Warum bestand Jesus auf der Schweigepflicht? Wir erhalten darauf keine Antwort. Aber eines ist sicher: Er wollte nicht als Wundertäter dastehen. Sie hielten sich aber nicht an sein Verbot, sondern erzählten das Erlebte weiter. Das Evangelium verwendet das Wort „verkünden“. Es kommt vom „Herold“. Im Auftrag des Königs verkündet der Herold etwas Wichtiges – zum Beispiel: „Wisst ihr schon das Neueste? Seine Soldaten haben den Krieg gewonnen“ Über den Heilerfolg waren viele betroffen und fassungslos. Einige mussten dankbar anerkennen: „Hier ist etwas Modellhaftes, etwas Ideales geschehen. >Er hat alles gut gemacht<
Wenn wir das Geschilderte nach 2000 Jahren studieren, sollten wir nicht bei der Bewunderung stehen bleiben. Jesus möchte nicht bewundert werden, sondern sein Werk soll fortgesetzt werden. Das möchte er. Auch wir können uns sagen lassen: „Effata! Sei geöffnet!“ So wie es Markus bewusst auf Aramäisch wiedergibt, können wir es in unserem Dialekt ausformulieren: „Moch di af ... bis tiaf eini!“ (Mach dich auf bis tief hinein!) Wir können uns täglich selber üben darin, offen zu werden für seinen Zuspruch. Wir können auch offen werden für das Wort derer, die uns anvertraut sind. Wenn wir feinsinniger hinhören, wird sich auch unsere Sprache ändern. Von grober Sprache wird sie zu gewinnender Sprache, von unklarer Sprache wird sie sich so wandeln, dass wir Klartext reden. Wenn wir das bewusst üben, wird es nach und nach wie von selbst gehen. Dazu bedarf es keiner Rednerschulung, keiner ausformulierten Redevorlage. Jesus zeigt es an dem einen Beispiel des Hörgeschädigten. Er lädt uns zugleich ein, es als Modell zu nehmen. Wir können seinen Umgangsstil fortsetzen und verbreiten.
Wenn die Theorie stimmt, dass der Evangelist Markus dieses Stück noch nachträglich in seine Zweitausgabe eingefügt hat, können wir ihm dankbar sein. Offenbar hat sich in seiner Seelsorge in Rom herausgestellt, dass das Thema „Hören lernen und sich dadurch klarer ausdrücken“ ein wichtiges Thema ist - gerade für die Verkünder des Wortes. Auch Lukas scheint das zu wissen, denn er lässt die beiden Emmaus-Jünger auch von „geöffnet werden“ reden: „Brannte nicht unser Herz in uns, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schriften eröffnete?“ (Lk 24,32) Den Verantwortlichen in der Seelsorge wird damit gesagt: „Sei geöffnet. Sei nicht nur einer der redet, nicht nur einer, der das Programm vorgibt, sei einer, der hinhört. Erst nach dem guten Hinhören wirst du Klartext sprechen können – Hinhören in die Stille Gottes und Hinhören auf die Not einzelner Mitglieder. Das religiöse Gestammel wird aufhören und anstelle dessen wird klare brauchbare Verkündigung treten. Das ist zwar eine Vision für die künftigen Kirchen, aber sie wird wahr, diese Vision – schrittweise – so wie Jesus die Heilbehandlung auch schrittweise vorgenommen hat.